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Mehr Lebensqualität bei Darminkontinenz

Diese Maßnahmen können weiterhelfen

Wenn eine Sache Scham auslöst, dann die Stuhlinkontinenz. Wir von der Deutschen Kontinenz Gesellschaft möchten Ihnen sagen, dass viel mehr Menschen davon betroffen sind, als Sie vielleicht glauben: Wir gehen davon aus, dass etwa 5 % aller Deutschen – das sind geschätzte 5 Mio. Menschen – unter einer Stuhlinkontinenz leiden.

Betroffen von einer Stuhlinkontinenz sind beide Geschlechter, wobei Forschungsergebnisse auch sagen, dass Darminkontinenz bei Frauen häufiger auftritt als bei Männern. Diese begründet sich durch die unterschiedliche Anatomie von Mann und Frau: Das Becken weiblicher Betroffener ist anders aufgebaut als das von Männern und zudem häufig durch Schwangerschaften „vorbelastet“.

Der kontrollierte Stuhlgang umfasst eine Vielzahl körperlicher Vorgänge, entsprechend komplex können die Ursachen für eine Darminkontinenz sein. Hier haben wir die wichtigsten in Kurzform für Sie als Betroffene oder Angehörige aufgelistet:

Muskuläre Störungen: Hier kann eine Schwächung der Muskulatur vorliegen, die an der Stuhlspeicherung und -ausscheidung beteiligt ist. So kann z. B. der Schließmuskel geschädigt sein durch z. B. Dammriss, altersbedingte nachlassende Gewebeelastizität, eine Beckenbodenschwäche oder durch eine Verstopfung.

Neurologische Störungen: Hier sind die fehlende oder unzureichende Übertragung der Nervenimpulse aus dem Darm über den aktuellen Füllzustand des Darms ursächlich. Das kann z. B. bei Multipler Sklerose, nach Schlaganfall, bei Alzheimer, nach einer Querschnittlähmung oder bei Diabetes der Fall sein.

Sensorische Störungen: Hier kommt es zur Störung der sensiblen Wahrnehmung der Schleimhaut des Analkanals. Das kann nach Operationen der Fall sein, durch Hämorrhoiden ausgelöst werden oder nach einem Vorfall von Analkanal oder Enddarmanteilen auftreten.

Störung der rektalen Speicherfunktion: Davon spricht man, wenn es zu einer Störung der Speicherfunktion der Rektumampulle kommt. Darunter versteht man den oberen Bereich des Mastdarms, abgeleitete von Ampulla recti. Dieser Darmabschnitt dient als Speicher für den Kot. Dies kann chronisch-entzündliche Darmkrankheiten wie Morbus Crohn oder Colitis ulcerosa und Darmoperationen als Ursache haben.

Für junge Mütter lesenswert:
Stuhlinkontinenz nach der Geburt

In unserem beruflichen Alltag begegnen wir als Mitglieder der Deutschen Kontinenz Gesellschaft Frauen, die nach einer Schwangerschaft unter einer Belastungsinkontinenz oder einer Stuhlinkontinenz leiden.

Die Ursache ist einfach zu beschreiben: Passiert der Kopf Ihres Babys bei der Geburt die Vagina kann es trotz aller Vorsichtsmaßnahmen zu einem Dammriss kommen. Das Gewebe unterhalb Ihrer Scheide ist jetzt geschädigt, wobei auch der nahegelegene Anal-Schließmuskel betroffen sein kann. Eine weitere Ursache kann ein durch die Geburt geschwächter Beckenboden sein. Dieses Muskelgeflecht stellt den Abschluss Ihres Beckenbereiches nach unten dar und trägt Ihre Bauchorgane. Der Schließmuskel dichtet die Blase und den Anus nach unten hin ab. Nachlassende Gewebselastizität, erwähnte Schwangerschaften und natürlich operative Eingriffe schwächen den Beckenboden so sehr, dass er absinkt. Die Folge: der Ringmuskel des Anus bleibt nicht in Position und dichtet ausreichend ab; Sie verlieren Stuhl.

Operationen als Ursache einer Stuhlinkontinenz

Wird Ihnen beispielsweise im Enddarm chirurgisch ein Tumor entfernt, kann das ebenso eine vorübergehende oder dauerhafte Darminkontinenz auslösen wie das Auftreten so genannter Analfisteln in Folge entzündlicher Prozesse wie Morbus Crohn oder Colitis ulcerosa. Hier hängt eine mögliche Stuhlinkontinenz von der Schwere Ihrer Vorerkrankung ab, von der OP-Methode und von der Frage, wie viel Darm entfernt werden muss.

Wie Sie eine Darminkontinenz zuverlässig erkennen

Wenn Ihr Körper Ihnen deutliche Signale sendet, empfehlen wir zuallererst die Konsultation eines Kollegen in einer anerkannten Beratungsstelle oder einem zertifizierten Kontinenz- und Beckenbodenzentrum, in dem Spezialisten täglich mit diesem Krankheitsbild betraut sind. Haben Sie keine Scham und vertrauen Sie sich uns an: Wir suchen gemeinsam den für Sie bestmöglichen Behandlungsweg und helfen Ihnen Ihre Erkrankung zu verstehen und aktiv an Heilung oder Genesung mitzuwirken. 

Auch wenn Darmgase entweichen und dieser Abgang von Winden nicht mehr aktiv beeinflusst werden kann, spricht man von einer beginnenden Darminkontinenz. Ist dann hin und wieder in Folge des Abgangs ein Verschmutzen der Unterhose zu beobachten und kann flüssiger Stuhl nicht gehalten werden, ist die Darminkontinenz gesichert. Schwere Formen der Inkontinenz zeigen sich dann, wenn selbst geformter Stuhl nicht mehr gehalten werden kann.

Wie Stuhlinkontinenz im Schweregrad unterschieden wird

Grad
1

Unkontrollierter Abgang von Winden und Darmschleim mit dezenter Wäscheverschmutzung.

Grad
2

Unkontrollierter Abgang von flüssigem Stuhl und von Winden.

Grad
3

Völlig unkontrollierter Abgang von festem Stuhl, flüssigem Stuhl und von Winden.

Mögliche Behandlungsoptionen und Therapieansätze

Wir von der Deutschen Kontinenz Gesellschaft befassen uns intensiv und vor allem interdisziplinär mit der Darminkontinenz und haben hier die wichtigsten Möglichkeiten zur Behandlung für Sie zusammengefasst:

  1. Stuhlgangregulierung
  2. Beckenbodentraining gegen Darminkontinenz
  3. Elektrostimulation und Biofeedback
  4. Sakrale Nervenstimulation
  5. Operationen am Schließmuskel

Die gute Nachricht:  Auch mit einer konservativen Therapie lässt sich bereits viel erreichen, um Ihnen bei Darminkontinenz zu mehr Lebensqualität und Wohlbefinden zu verhelfen. Wichtig dabei ist, dass mögliche Grunderkrankungen immer zuerst behandelt werden sollten. 

Langzeittipps:

Stuhlgangregulierung bei Darminkontinenz

Ein weicher – nicht zu dünner und nicht zu fester – Stuhlgang ist ein erster wichtiger Zwischenschritt, den es zu erreichen gilt. Hier können Sie viel über die Ernährung steuern. Ernähren Sie sich ausgewogen und ballaststoffreich und trinken Sie mindestens 2 Liter Flüssigkeit am Tag. Verzichten Sie auf Lebensmittel die den Darm reizen wie z. B. Kaffee und Alkohol, aber auch alles, was Blähungen hervorruft wie z. B. Bohnen oder Kohl.

Über Getreideschalen oder Saaten, welche aufquellen (z. B. Flohsamen) erhöhen Sie das Stuhlvolumen und verbessern die Konsistenz. Bewegen Sie sich ausreichend und führen Sie ein Tagebuch, um Ihre Toilettengewohnheiten zu erkennen.

Beckenbodentraining

Sie haben auf dieser Seite bereits erfahren, dass ein intakter Beckenboden viel zum Rückgang Ihrer Darminkontinenz beitragen kann. Wir empfehlen Ihnen zur individuellen Beratung den Besuch eines spezialisierten Physiotherapeuten.

Sakrale Nervenstimulation

Eine weitere Möglichkeit ist die so genannte sakrale Nervenstimulation, auch Schrittmacher genannt. Wenn Sie z. B. nachweislich Nervenschäden im Beckenbereich haben, kann diese sakrale Nervenstimulation erfolgreich sein. Der winzige Schrittmacher wird in Ihr Gesäß implantiert und sendet schwache elektrische Impulse an die Sakralnerven, welche den Beckenboden, den Darm und die Blase steuern. So lässt sich auch bei Ihnen eine Kontinenz herstellen. 

Operativer Eingriff

Sind Sie mit konservativer Therapie nicht weitergekommen, ist eine Operation eine weitere Möglichkeit, um Ihnen wieder zu mehr Lebensqualität zu verhelfen.

Diese Methode greift vor allem dann, wenn Verletzungen am Schließmuskel für Ihre Darminkontinenz verantwortlich sind. Hier besteht nach Prüfung der einzelnen Situation die Möglichkeit, aus körpereigenem Gewebe ein Schließmuskelimplantat herzustellen. Hier kann z. B. ein Muskelstück aus dem Oberschenkel gute Dienste leisten, dessen Teilentnahme Sie in keinem Fall in Ihrer Mobilität einschränkt.

Elektrostimulation
Wenn Sie hingegen Schwierigkeiten haben, Ihren Beckenboden und den Schließmuskel bzw. die Spannung desselben wahrzunehmen, kann ein Biofeedbackgerät wertvolle Dienste leisten. Hier wird Ihnen der entsprechende Druck angezeigt und Sie können mittels Elektrostimulation die Funktion Ihres Schließmuskels weiter trainieren.