Wir von der Deutschen Kontinenz Gesellschaft schätzen, dass jeder Zehnte in Deutschland mit Problemen beim Wasserlassen zu kämpfen hat. Besonders weit verbreitet ist eine Überaktivität der Harnblase. Die Ursachen sind ebenso individuell wie vielfältig. Gut ist, dass es auch hier mehr als eine Behandlungsoption gibt, die wir Ihnen hier auf unserer Webseite vorstellen.
Eine Harnblase speichert – je nach Körpergröße – durchschnittlich etwa 500 ml Urin. Eine volle Harnblase signalisiert dem Gehirn über unsere Nerven, dass sie entleert werden möchte. Eine überaktive Harnblase sendet diesen Nervenreiz zu früh oder entleert sich im falschen Moment.
Die Folge:
Auch ohne volle Blase haben Sie als Betroffener ständig das Gefühl, auf die Toilette zu müssen – auch nachts. Oftmals ist damit auch ein unkontrollierbarer Urinverlust, also die Drang-Inkontinenz verbunden.
Die vielfältigen Ursachen:
Die große Zahl möglicher Ursachen für die überaktive Harnblase macht eines deutlich: Eine sehr detaillierte Diagnostik ist unerlässlich. Dazu gehören im Allgemeinen zunächst eine Untersuchung Ihres Urins sowie das Anlegen einer Urinkultur zum Bakterien-Nachweis, die Blasendruckmessung und ggf. eine Blasenspiegelung. Im Anschluss kann entschieden werden, welche Behandlungswege eingeschlagen werden.
Liegt keine ernsthafte Grunderkrankung vor, werden zunächst meist Medikamente eingesetzt, um die nervliche Reizleitung der Harnblase zu verlangsamen. Das kann bereits zur Linderung der überaktiven Reizblase beitragen oder im besten Fall die Symptome vollständig beheben.
Was viele und vielleicht auch Sie nicht wissen: Botulinum-Toxin (Botox) ist schon seit Jahrzehnten ein bewährtes Medikament, u. a. zur sicheren Behandlung einer überaktiven Harnblase. Durch Injektionen bei einer Blasenspiegelung in die Blasenwand wird die Blase in ihrer Aktivität „gelähmt“. Aber eben nur soweit, dass die Beschwerden aufhören und trotzdem normales Wasserlassen möglich ist. Allerdings ist es wahrscheinlich, dass Sie die Verbesserung erst nach ca. zwei Wochen verspüren. Nach 6-12 Monaten müssen die Injektionen ggf. wiederholt werden.
Auch die Nerven der Harnblase können durch Stromreize beeinflusst werden, indem ein sogenannter Blasenschrittmacher minimalinvasiv unter die Haut oberhalb des Gesäßes implantiert wird. Bedienen lässt er sich kabellos über ein Steuergerät. Ein Knopfdruck setzt das Entleeren der Blase in Gang. Nach 5-10 Jahren erfolgt ein Batteriewechsel. Und selbstverständlich kann der Blasenschrittmacher auch jederzeit recht einfach entfernt oder deaktiviert werden. Ein solcher Schrittmacher kann übrigens auch bei Blasenentleerungsstörungen oder bei Stuhlinkontinenz bzw. chronischer Verstopfung (Obstipation) eingesetzt werden.
Der Blasenschrittmacher wird in der Regel nicht ohne vorherigen Test implantiert, um den Erfolg dieser Behandlung bei Ihrem Beschwerdebild bzw. Ihrer Diagnose optimal einschätzen zu können. Die Methode stellt eine Ausnahmemaßnahme in Fällen dar, die sich anderweitig nicht behandeln lassen.
Patienten mit dauerhaftem Pflegebedarf ist oftmals schon mit einem zeitweiligen oder auch dauerhaften Bauchdeckenkatheters geholfen. Dabei wird ein Katheter über die Bauchdecke in die Blase gelegt, der alle 4-6 Wochen vom Urologen gewechselt werden muss.
Für den Fall, dass ein Bauchdeckenkatheters bei Pflegepatienten nicht in Frage kommt, gibt es eine weitere Option, denn die dauerhafte Urinableitung kann auch über einen Katheter in der Harnröhre erfolgen. Alle 3-4 Wochen wird dieser vom fachkundigen Pflegepersonal ausgetauscht.
Waren andere Behandlungen nicht erfolgreich, kann – als letzte Option – die Harnblase operativ entfernt werden. Das kommt meist nur dann vor, wenn die Harnblase z. B. durch eine Strahlentherapie irreparabel geschädigt ist. Es gibt dann die Möglichkeit, einen Harnblasenersatz zu formen. Hier verwenden die Chirurgen meist Gewebe aus dem Dünn- oder Dickdarm.