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Bandscheibenvorfall und Inkontinenz

Wie Rückenprobleme und Harn- und Stuhlinkontinenz zusammenhängen können

Was erstaunlich klingt, kann aber letztlich doch verantwortlich sein für eine Inkontinenz: Ein Bandscheibenvorfall, der Nervenfasern irritiert oder langfristig schädigt. Der Grund liegt im komplexen Zusammenspiel von willkürlich gesteuerten aber auch autonomen Muskeln im Beckeninneren, die Ihre Harnblase und das Schließmuskelsystem beeinflussen. Sämtliche an der Kontinenz der menschlichen Harnblase mitwirkenden Körperfunktionen werden über unsere Nerven angesteuert bzw. versorgt, die Signale über das Rückenmark zum Gehirn senden. Bei einem Bandscheibenvorfall kann es zu einer Störung dieser Faserverbindungen zwischen Harnblase und Gehirn kommen. Im schlimmsten Fall werden solche Nervenfasern sogar ganz zerstört, was dazu führt, dass die Signalübertragung dauerhaft nicht mehr fehlerfrei funktioniert. Innerhalb von wenigen Stunden nach dem Bandscheibenschaden kann es bereits zu Blasenstörungen kommen.

Bei einer Inkontinenz in Verbindung mit einem Bandscheibenvorfall kommen meist beide Faktoren zusammen: Die Harnblasenmuskulatur ist nicht mehr wie gewohnt mittels eigenem Willen steuerbar und Nervenfasern wurden durch den Bandscheibenvorfall in Mitleidenschaft gezogen. Je nachdem, an welcher Stelle das Rückenmark bzw. die austretenden Nerven geschädigt wurden, und wohin die herausgetretene Zwischenwirbelscheibe der Wirbelsäule gerade drückt, kann die Form der Harninkontinenz und ihre Intensität unterschiedlich sein.

Entscheidend: Welches Areal ist vom Bandscheibenvorfall betroffen

Welche Beschwerden genau auftreten, hat auch viel damit zu tun, in welchem Wirbelsäulenareal sich der Bandscheibenvorfall ereignet hat: im unteren Bereich der Lendenwirbelsäule (LWS) oder im oberen Bereich der Halswirbelsäule (HWS).

Während ein Bandscheibenvorfall an der unteren Lendenwirbelsäule (LWS) eher selten mit einer überaktiven Blase einhergeht, kommt es hier öfter zu einer erschwerten Blasenentleerung oder auch zum Harnverhalt, bei dem sich die Blase nicht vollständig entleeren lässt. Dann ist die Ableitung des Harns erforderlich. Eine Methode, dies zu gewährleisten ist, dass der Patienten lernt, sich regelmäßig einen sog. Einmalkatheter einzuführen und die Blase so zu entleeren. Damit ist ein selbstbestimmtes Leben möglich. Ein Bandscheibenvorfall an der Halswirbelsäule (HWS) führt eher zur ÜAB oder zur Dranginkontinenz.

Die Therapie von Inkontinenz aufgrund eines Bandscheibenvorfalls

Geht ein Bandscheibenvorfall mit Inkontinenzbeschwerden einher, müssen in die Therapie des Bandscheibenschadens auch Blase und Darm einbezogen werden. Eine Fachärztin oder ein Facharzt für Neurologie ist dann der richtige Ansprechpartner, um im Rahmen detaillierter Untersuchungen das Krankheitsbild zu diagnostizieren und die Therapie zur akuten und langfristigen Behandlung festzulegen.

Medikamentöse Behandlung

Die konservativen Therapieoptionen umfassen spezielle Medikamente, die eine Erleichterung der Blasenentleerung versprechen – aber auch die Stärkung des Beckenbodens durch entsprechendes Beckenbodentraining. Beides kann die Symptome einer Blasenstörung mindern oder auch vollständig beheben.

Eine weitere Option für Patientinnen und Patienten mit einem Bandscheibenvorfall im Bereich der Lendenwirbelsäule kann im Falle einer Blasenentleerungsstörung auch die Selbstkatheterung sein. Dabei führt die/der Betroffene regelmäßig in bestimmten Abständen selbst einen Schlauch in die Blase ein, über den die Entleerung der Blase funktioniert. Im Gegensatz zu einem Dauerkatheter ermöglicht diese Form der Blasenentleerung weitestgehend schmerzfrei mehr Flexibilität und Mobilität.

Operative Behandlung

Im Falle eines Bandscheibenvorfalls ist oft eine Operation zur Entfernung der beschädigten Bandscheibe erforderlich. Unmittelbar danach kann auch die medikamentöse Behandlung von Blasenproblemen erfolgen, idealerweise im Zusammenspiel mit einem neurourologisch ausgebildeten Arzt. Im Rahmen einer urodynamischen Untersuchung können die Blasen- oder Harnleiterstörungen diagnostiziert und entsprechend individuell behandelt werden.

Für den Fall, dass die Nerven nach dem Bandscheibenvorfall dauerhaft geschädigt sind, kann bei damit verbundener Inkontinenz bzw. einer erschwerten Blasenentleerung auch ein Blasenschrittmacher zum Einsatz kommen.