Nachruf Prof. em. Dr. med. Ingo Füsgen
* 11.09.1944 † 20.12.2024
„Wir sind uns begegnet. Du hast Spuren hinterlassen in uns. Deine Handschrift, dein Zeichen unauslöschlich. In unseren Herzen hast du dir Raum geschaffen – für immer.“
Verfasser unbekannt

Am 20.12.2024 ist Professor em. Dr. med. Ingo Füsgen wenige Monate nach Vollendung des 80igsten Lebensjahres verstorben. Die Deutsche Kontinenz Gesellschaft e.V. und die Deutsche Gesellschaft für Geriatrie e.V. verlieren damit einen ihrer Gründungsväter.
Ingo Füsgen wurde am 11. September 1944 in Freistadt/Österreich geboren. Von 1963 bis 1970 studierte er Medizin in Wien und Köln. Sein Studium schloss er mit dem Staatsexamen in Köln 1970 ab. Nach der Promotion am Physiologischen Institut in Köln unter der Leitung von Prof. Dr. Dr. M. Schneider leistete er 1971 seinen Wehrdienst ab. 1972 begann er die internistische Weiterbildung an der 2. Medizinischen Klinik der Städtischen Kliniken in Nürnberg unter Prof. Dr. Rene Schubert (gleichzeitig Lehrstuhl für Allgemeine Geriatrie an der Universität Erlangen), die er 1978 mit der Facharztanerkennung für Innere Medizin abschloss. Es schloss sich eine Tätigkeit als Oberarzt der Klinik von Prof. Dr. Schubert in Nürnberg an.
1985 gehörte Ingo Füsgen zu den Gründungsmitgliedern der Deutschen Gesellschaft für Geriatrie, der er später als Vorsitzender mehrere Jahre vorstand. 1987 folgte die Gründung der Deutschen Kontinenz Gesellschaft e.V., die ebenfalls durch Ingo Füsgen initiiert worden ist.
Ingo Füsgen rief die wissenschaftlichen Publikationsorgane „Geriatrie news“ und „European Journal of Geriatrics“ ins Leben und gab als Herausgeber insgesamt 17 medizinische Sammelwerke heraus. 15 Lehrbücher entstanden mit ihm als Erstautor neben Hunderten von wissenschaftlichen Publikationen.
Kurze Zeit später übernahm Ingo Füsgen die Leitung der Medizinischen Klinik mit Schwerpunkt Geriatrie der Kliniken Velbert/Neviges an vier Standorten. 1987 erhielt er die Venia Legendi für Gerontologie an der Universität Wuppertal. 1989 erfolgt die Umhabilitation für das Gebiet Geriatrie an die Universität Witten/Herdecke, wo er 1990 auf den neu geschaffenen Lehrstuhl für Geriatrie berufen wurde, den er bis zu seiner Emeritierung 2006 innehatte. Von Anfang an widmete sich Ingo Füsgen der wissenschaftlichen Nachwuchsförderung in der Geriatrie. Acht Habilitanden konnten von seiner intensiven Förderung und Betreuung profitieren. Auch politisch war Ingo Füsgen stets ein unermüdlicher Kämpfer und Wegbereiter für das Fach der Geriatrie. In seinem Spezialgebiet, der Inkontinenzforschung, war Ingo Füsgen der wesentliche Wegbereiter für die Beschäftigung mit einem zu dieser Zeit streng tabuisierten Thema. Die Gründung der Deutschen Kontinenz Gesellschaft e.V., ehemals Gesellschaft für Inkontinenzhilfe, geht wesentlich auf seine Initiative zurück. Diese Gesellschaft hat sich inzwischen von einem Verein, der Betroffene und Ärzte zusammenbringen wollte, zu einer wissenschaftlichen Fachgesellschaft mit einem festen Stellenwert in der Gemeinschaft der wissenschaftlich-medizinischen Fachgesellschaften entwickelt. Ingo Füsgen zählte jahrelang zum wissenschaftlichen Kuratorium der Dt. Seniorenliga. International gehörte er zu den profiliertesten Fachleuten auf dem Gebiet der Geriatrie. Die mittlerweile traditionelle enge Kooperation mit der Österreichischen Gesellschaft für Gerontologie und Geriatrie wurde durch seine gemeinsame Initiative mit Prof. Franz Böhmer in Wien wesentlich befördert. Unvergessen sind die zahlreichen Zusammenkünfte bei den Frühjahrskongressen der ÖGGG in Bad Hofgastein.
Für seine Verdienste um die Geriatrie insbesondere für sein ehrenamtliches Engagement in verschiedensten Positionen für den hochbetagten Menschen und die Gesellschaft erhielt er im Jahr 2006 das Bundesverdienstkreuz am Bande.
Nach seiner Emeritierung und Aufgabe der Chefarztposition in Velbert/Neviges übernahm Ingo Füsgen bis zu seinem endgültigen Ausscheiden aus dem Berufsleben die Leitung einer neu gegründeten geriatrischen Abteilung am Knappschaftskrankenhaus Bottrop, die er zu einer festen lokalen Größe entwickelte. In den letzten Jahren widmete er sich – bereits von Krankheit gezeichnet – der historischen Forschung. Mehrere Bücher über die Wiener akademische Burschenschaft Bruna Sudetia, deren Mitglied er war, entstanden aus seiner Feder. Ohne Professor em. Dr. med. Ingo Füsgen hätte die Geriatrie in Deutschland nicht den medizinischen und gesellschaftspolitischen Stellenwert, die sie heute hat. Früh hat Ingo Füsgen die Notwendigkeit der intensiven medizinischen und wissenschaftlichen Beschäftigung bzw. Betreuung der älter werdenden Gesellschaft in einer eigenständigen Fachdisziplin visionär erkannt und unermüdlich vorangetrieben.
Dafür gebührt ihm unser aller Dank.
Mit Professor em. Dr. med. Ingo Füsgen verlieren wir nicht nur einen leidenschaftlichen Weggefährten, sondern auch einen visionären und entschlossenen Wegbereiter, dessen Vermächtnis uns weiterhin inspirieren wird.
Als Deutsche Kontinenz Gesellschaft werden wir ihm stets ein ehrendes Andenken bewahren und sein Lebenswerk fortführen. Unsere Gedanken sind bei seinen Angehörigen und Freunden
Im stillen Gedenken für die Deutsche Kontinenz Gesellschaft e.V.
Professor Dr. med. Andreas Wiedemann
1. Vorsitzender der Deutschen Kontinenz Gesellschaft
Professor Dr. med. Christel Reisenauer
2. Vorsitzende der Deutschen Kontinenz Gesellschaft
Professor Dr. med. Werner Kneist
Schatzmeister der Deutschen Kontinenz Gesellschaft