Die männliche Kontinenz wird physiologischerweise durch eine ausreichende Blasendehnbarkeit (Compliance > 25 ml/cm H2O) und Detrusorstabilität (keine Urge-Wellen) während der Speicherphase bei gleichzeitig normotonem und normoreaktivem Verschlussapparat (Blasenhals, Prostata, Sphinkter externus mit innen längsverlaufender glatter uns außen zirkulär verlaufender quergestreifter Muskulatur) gewährleistet. Passive und reaktive Drucktransmission sowie der im Bereich des Blasenhals sympathisch (alpha-adrenerg) und im Bereich des äußeren Schließmuskels somatisch geregelte Ruheverschlussdruck garantieren die Harnkontinenz auch unter körperlichen Belastungssituationen.
Dem Blasenhals kommt dabei die geringste kontinenzerhaltende Wirkung zu, er regelt vielmehr als Sexualsphinkter die orthograde Ejakulation. Seine Resektion im Rahmen der TUR-P ist für die postoperativ auftretende retrograde Ejakulation, nicht aber für eine Harninkontinenz verantwortlich. Die Prostata mit ihrer statischen drüsigen und dynamischen glattmuskulären Kompressionswirkung auf die Urethra ist anders als der Spinkter internus unter Umständen durchaus in der Lage, auch bei kompletter Resektion des externen Sphinkter etwa im Rahmen einer Striktur-OP eine Harnkontinenz aufrechtzuerhalten.
Der Sphinkter externus umschließt den membranösen Teil der Harnröhre zirkulär, aber nicht orthograd. Durch das ventral geringer ausgeprägte Prostatavolumen kommt die Sphintermuskulatur ventral näher an den Blasenhals zu liegen, als dorsal. Diese anatomische Besonderheit prädisponiert die ventralen Sphinkteranteile für eine Ausdünnung bzw. Verletzung im Rahmen einer TUR-P.
Zwar nimmt die radikale Prostatektomie in der Ätiologie der männlichen Belastungsinkontinenz einen immer breiteren Raum ein (Inkontinenzrate 1 Jahr nach OP ca. 5 %), aber auch die transurethrale Prostatektomie und die offene Adenomenucleation sind mit einer postoperativen Inkontinenzrate von bis zu 3% vergesellschaftet. Die Detrusorinstabilität ist eine häufige urodynamische Diagnose bei Patienten mit Post-Prostatektomie-Inkontinenz (ca. 1/3), dennoch ist sie nur in Ausnahmefällen die alleinige Inkontinenzursache.
Urodynamisch ist bei der Untersuchung einer Post-Prostatektomie-Inkontinenz nicht nur der maximale Verschlussdruck im Urethra-Druckprofil, sondern auch die funktionelle Harnröhrenlänge von entscheidender Bedeutung. So ergibt sich denn auch in der retrospektiven Analyse von Patienten mit Post-Prostatektomie-Inkontinenz eine dem Schweregrad der Belastungsinkontinenz proportionale Verkürzung der funktionellen Harnröhre bei gleichzeitiger Abnahme des maximalen Verschlussdruckes.
Operative Konzepte einer Wiederherstellung der verlorengegangenen oder geschwächten Blasenverschlussfunktion müssen daher den dynamischen Belastungssituationen des Blasenauslasses und der gleichzeitigen Prävention einer Druckatrophie bzw. Arrosion Rechnung tragen.
Zirkulär wirkende Kompressoren wie artifizielle Sphinkter bergen trotz nachweislich guter Effektivität immer das Risiko einer Gewebsatrophie mit konsekutivem Funktionsverlust oder Arrosionsrisiko. Hemizirkulär wirkende Prinzipien wie Schlingenplastiken oder subsphinktere Polster (z.B. ProAct) vermeiden dieses Risiko, können aber einen ventral afunktionellen Sphinkter infolge TUR-Läsion nicht immer suffizient refunktionalisieren. Durch das Fehlen beweglicher mechanischer Elemente vermeiden FZP und ProACT Materialverschleiß und Funktionsdefekte. Beim artifiziellen Sphinkter hingegen kommt es unter der Dauerbelastung der urethralen Silikonmanschette oft zu einer langfristigen Materialermüdung mit konsekutiver Manschettenleckage, welche eine Reoperation erzwingt. ProACT und artifizieller Sphinkter basieren beide auf der Implantation von Siliconkörpern, welche per se einem erhöhten Infektionsrisiko ausgesetzt sind und im Falle einer bakteriellen Oberflächenbesiedlung sofort explantiert werden müssen. Absolute intraoperative Sterilität stellt daher bei diesen Verfahren eine conditio sine qua non dar.
Die schlechtesten Langzeitergebnisse aller operativen Verfahren zur Therapie der Post-Prostatektomieinkontinenz weisen transurethral eingebrachte submuköse Unterpolsterungssubstanzen auf, sogenannte „Bulking Agents“. Je nach verwendetem Material (Kollagen, Hyaluronsäure-Dextran-Copolymer, Silikonmakropartikel, Teflon, Carbonpartikel) liegen entweder keine Langzeitergebnisse vor, oder die Resultate zeichnen sich eher durch Partikelmigration oder -resorption mit resultierendem Wirkungsverlust als durch Langlebigkeit aus. Darüberhinaus verkürzt sich nach jeder Auffrischungsinjektion das Wirksamkeitsintervall und die Sphinktersklerosierung und -defunktionalisierung durch Narbenbildung schreitet fort.
Eine denovo-Drangentwicklung kann den Erfolg einer kontinenzwiederherstellenden Operation wieder zunichte machen. Daher sollte jede Post-Prostatektomie-Inkontinenz urodynamisch abgeklärt werden.
1. Die männliche Kontinenz wird gewährleistet durch:
a) Den Blasenhals
b) Die Prostata
c) Den externen Sphinkter
d) Detrusorstabilität
e) Normale Compliance
f) Urinosmolarität
Antwortmöglichkeiten:
A) a und c
B) a, b und c
C) b, c und e
D) a, b, c, d und e
E) Alle
Richtige Lösung: D
2. Die häufigste Ursache der männlichen Belastungsinkontinenz ist:
A) Testosteronmangel
B) Iatrogene Sphinkterläsion
C) Detrusorinstabilität
D) BPH
E) Paralysis agitans
Richtige Lösung: B
3. Detrusorinstabilität ist die alleinige Ursache einer Post-Prostatektomie-Inkontinenz in etwa:
A) 1%
B) 3%
C) 10%
D) 20%
E) 50%
Richtige Lösung: B
4. Wesentliche urodynamische Befunde bei Post-Prostatektomie-Inkontinenz sind:
a) negative Drucktransmission im proximalen UDP
b) geringer maximaler Urethralverschlußdruck
c) Detrusorhypokontraktilität
d) kurze funktionelle Harnröhre
e) Hohe Restharnbildung
Antwortmöglichkeiten:
A) a, b und d
B) b und d
C) b, c und e
D) a, c und d
E) Alle
Richtige Lösung: B
Quelle: Referateband 16. Kongress der Deutschen Kontinenzgesellschaft e. V.